Erst zaghaft, dann fast explosiv

Die Beachtung dieser Blühphänomene hat in vielen Fällen eine uralte Tradition. Sie spiegelt und bündelt sich zum Teil in Feierlichkeiten wie den Mandelblüten-, Kirschblüten- oder Lindenblüten-Festen, welche bei uns und in aller Welt begangen werden. Diese Feste stehen inzwischen zunehmend vor dem Problem, dass die traditionellen Termine oft nicht mehr mit den tatsächlichen Blüh-Ereignissen übereinstimmen. Die Blühtermine haben sich offensichtlich in vielen Fällen verändert.

Seit weit über 100 Jahren wird in Deutschland das Auftreten der ersten Blüten ausgewählter Pflanzenarten notiert. Ein typisches Beispiel dafür ist die Apfelblüte. Auf Basis dieser Daten lassen sich die Jahre in zehn begründete phänologische Jahreszeiten unterteilen. So können die Jahreszeiten in ihrem Auftreten in unterschiedlichen Regionen - beispielsweise in den Alpen, der Rheinebene und in der norddeutschen Tiefebene - zueinander in Bezug gesetzt werden.

Den beschreibenden Forschungszweig, der sich mit den Zusammenhängen zwischen regionalen Klimabedingungen und den entsprechenden Blütezeiten einzelner Pflanzenarten beschäftigt, nennt man Phänologie. Grundlegend wichtig für verlässliche ("belastbare") Aussagen in diesem Bereich sind möglichst viele Daten, verteilt über Raum und Zeit. Denn: "Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", wie der Volksmund zu recht (aus Erfahrung) feststellt.

Monitoring Frühe Blüher

Es ist uns ein Anliegen, zu Beginn des Jahres die Aufmerksamkeit der naturgucker.de-Gemeinschaft auf die Frühblüher zu lenken, die das Frühjahr und damit die neue Vegetationszeit einleiten. Die Frühblüher sind in mehrfacher Hinsicht interessant und für das Untersuchen phänologischer Fragestellungen gut geeignet. Nach den grauen und oft dunklen Wintermonaten werden die ersten Frühlingsboten zudem meist besonders intensiv wahrgenommen.

Das hat mehrere Gründe. Sicher fallen die ersten Blüten in einer weitgehend kahlen Landschaft stärker auf als im blütenreichen Frühsommer. Wohl auch deshalb liegen zu den Frühlingsboten recht viele (historische) Angaben zum Blühbeginn einzelner Pflanzenarten vor. Gerade im Vergleich mit älteren phänologischen Angaben lassen sich einerseits ungewöhnliche Blühtermine (bei einmaligen Ereignissen) wie auch grundlegende Veränderungen (bei regelmäßigen Ereignissen) erkennen. Der Frühlingsbeginn ist nicht zuletzt auch für die Landwirtschaft bedeutsam, ist er doch maßgeblich mit der Länge der Vegetationszeit verknüpft.

Tatsächlich sind einige der bekanntesten Frühblüher ausgesprochene Waldarten. Dort, wo sie vorkommen, wachsen sie meist in großer Zahl. Dadurch fallen sie noch stärker auf. Im Wald herrscht ein vergleichsweise ausgeglichenes Mikroklima. So sind die Daten verlässlicher zu interpretieren als von Pflanzenbeständen auf Sonderstandorten. Darüber hinaus sind Waldflächen meist beständiger als z. B. viele innerstädtische Biotope. Vergleiche über längere Zeiträume sind dadurch eher möglich. Die ausgewählten Arten dürften an vielen Stellen schon im März, in Einzelfällen sogar schon im Februar blühend angetroffen werden. Dies war ebenfalls ein entscheidendes Auswahlkriterium.

Alle Arten sind zudem aussagekräftige Indikatoren, wenn es um die Dokumentation von Auswirkungen des globalen Klimawandels in Deutschland geht.

Dieses Monitoring führen wir zusammen mit unserem Partner Artenfinder durch, der sich intensiv um das Bundesland Rheinland-Pfalz kümmert. Ziel ist es, die gesammelten Daten gemeinsam auszuwerten und so zu deutschlandweiten Aussagen zu gelangen. Daten aus Rheinland-Pfalz können von jedem Beobachter über die Exportschnittstelle aus naturgucker.de oder NABU-naturgucker.de an den Artenfinder übertragen werden, wenn sie exakte Punktverortungen haben.

Ihre Aufgabe

Artenkenntnis ist natürlich auch in diesem Zusammenhang wichtig. Das Monitoring-Projekt "Frühe Blüher" bietet Ihnen dafür eine gute Einstiegsmöglichkeit mit einem bewusst relativ einfach erfassbaren Artenspektrum: Wir haben für Sie elf Pflanzenarten ausgewählt, die bereits im zeitigen Frühling blühen. Dadurch sind sie recht auffällig.

Melden Sie möglichst alle Sichtungen zu den weiter unten aufgeführten Arten in naturgucker.de oder NABU-naturgucker.de. Folgende Details sind dabei relevant:

#1
Besonders wichtig, wenn es um die Phänologie geht, sind die ersten blühenden Exemplare an einem Wuchsort.

#2
Eine zweite Meldung zur sogenannten Vollblüte, wenn also fast alle Exemplare in Blüte stehen, ist ebenfalls von Bedeutung.

Am besten dokumentieren Sie beide Beobachtungen mit entsprechenden Bildern. Wer Meldungen in Rheinland-Pfalz macht, sollte neben der Gebietsangabe auch eine Punktverortung vornehmen, damit die punktgenauen Beobachtungsdaten später dem Artenfinder zur Verfügung gestellt werden können.

Gerne können Sie außerdem Fotos hochladen und Bestimmungshilfen durch die Fachbeiräte oder andere Nutzer von naturgucker.de in Anspruch nehmen. Probieren Sie es aus!

Zum Melden müssen Sie entweder bei naturgucker.de registriert sein oder Sie können diesen
 

Direktmeldelink

verwenden.

Tipp: Sofern Sie es wünschen, können Sie alternativ unser

 

bebildertes Meldeformular für die Nutzung am Computer
 

für die Eingabe verwenden. Dafür müssen Sie bei naturgucker.de nicht einmal angemeldet sein. Allerdings funktioniert das Ganze derzeit nur am Computer und nicht am Smartphone oder Tablet!

Wenn Sie auf eines der Bilder der in dem Formular aufgeführten Arten klicken, öffnet sich ein Fenster, in dem Sie alle auf naturgucker.de vorliegenden bestimmungsrelevanten Fotos der jeweiligen Art sehen. Somit haben Sie die Möglichkeit, Bildmaterial anzuschauen, das Ihnen typische Merkmale der Pflanzenarten zeigt.

Detaillierte Hilfestellungen zur Bedienung des Meldeformulars finden Sie hier.

 

Projektlaufzeit

Das Projekt findet in den Monaten 02 - 04 (05) statt.  

Artbeschreibungen

Märzenbecher (Leucojum vernum)

Der Märzenbecher, allgemein weniger bekannt unter dem Namen Frühlings-Knotenblume, kann an manchen Stellen schon im Februar blühend beobachtet werden. Auch wenn er als Zierpflanze kultiviert wird, so zählt er doch zur heimischen Flora.

Seine natürlichen Vorkommen finden sich in Wäldern auf sickerfeuchten, nährstoffreichen und tiefgründigen Böden, also beispielsweise in Eichen-Hainbuchen- und Bachauenwäldern.

Neben der heimischen Frühlings-Knotenblume verwildert manchmal auch die Sommer-Knotenblume (Leucojum aestivum). Sie hat pro Blütenstängel 3-7 statt 1-2 Blüten. Trotz ihres deutschen Namens blüht auch sie im Frühjahr.

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Zweiblättriger Blaustern (Scilla bifolia)

Im Unterschied zu den meisten anderen Frühblühern, die wir im Rahmen unseres Monitorings vorstellen, ist der Zweiblättrige Blaustern keine "Allerweltsart". Seine Hauptverbreitung hat er einerseits in den Auenwäldern, andererseits in krautreichen Buchen- und Eichenwäldern.

Zu verwechseln ist das Zwiebelgewächs mit den zierlichen, sternförmig ausgebildeten Blüten(Perigon)blättern und den beiden länglich-lanzettlichen Blättern vor allem aufgrund der frühen Blütezeit (ab Ende Februar) mit keiner anderen heimischen Art.

Im Umfeld der Städte und Siedlungen können aber weitere verwandte Zierarten (Scilla siberica, Chionodoxa-Arten) auftreten. Deshalb sollten nur Beobachtungen aus der freien Landschaft gemeldet werden.

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Scharbockskraut (Ranunculus ficaria)

Das Scharbockskraut wächst von Natur aus häufig und oft zahlreich in Auenwäldern und krautreichen Laubmischwäldern. Daneben tritt es aber auch regelmäßig in den Grünanlagen der Städte und Siedlungen auf, bevorzugt an schattigen bis halbschattiger Standorten wie beispielsweise unten altem Baumbestand oder im Heckenbereich.

Die Art ist nicht zuletzt aufgrund ihrer frühen Blütezeit (ab März) eigentlich unverwechselbar. Die gelben Blüten ähneln denen der nah verwandten Hahnenfuß-(Ranunculus-)Arten. Von diesen unterscheidet sie sich aber schon im Habitus durch ihre ungeteilten, rundlich-herzförmigen, meist glänzenden Laubblätter, ihre geringe Wuchshöhe und dem meisten rasenförmigen, das heißt den Boden bedeckenden Wuchs.

Mitunter tritt das Scharbockskraut gemeinsam mit dem Busch-Windröschen auf.

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Busch-Windröschen (Anemone nemorosa)

Das Busch-Windröschen zählt ohne Zweifel zu den bekannteren Waldpflanzen. Sicherlich hängt dies auch mit der weiten Verbreitung der Art zusammen. Sie wächst in Laub-(und Nadel-)Wäldern meist auf frischeren Standorten, wie z. B. in den Auenwäldern. Oft findet man sie zusammen mit dem Scharbockskraut.

Wegen ihres charakteristischen Aussehens ist das Busch-Windröschen eigentlich unverwechselbar. Die nächstverwandten heimischen Arten unterscheiden sich entweder in der Blütenfarbe (Gelbes Windröschen, Anemone ranunculoides) oder durch die äußerlich behaarten Blüten(Perigon)blätter (Großes Windröschen, Anemone sylvestris).

Das Busch-Windröschen kann ab März blühend angetroffen werden.

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Hohler Lerchensporn (Corydalis cava) und Gefingerter Lerchensporn (Corydalis solida)

In unseren krautreichen Laubwäldern und manchmal auch in unseren größeren Parkanlagen können zwei meist (hell- bis dunkel)lilablütige Lerchensporn-Arten angetroffen werden. Weitere bei uns vorkommende Arten blühen grundsätzlich weiß- oder gelblich.

Wichtigstes oberirdisches Unterscheidungsmerkmal ist die Form des Hoch-(Trag-)Blattes unterhalb des Blütenstandes:

  • Beim Hohlen Lerchensporn ist das Hochblatt zumeist ganzrandig, beim Gefingerten Lerchensporn fingerförmig eingeschnitten.
  • Der Gefingerte Lerchensporn blüht zudem meist etwas früher als der Hohle Lerchensporn.

Meist treten beide Arten gesellig, zumindest truppweise auf.

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Zum Artporträt Gefingerter Lerchensporn auf naturgucker.de ...


 

Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) und Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris)

Die beiden häufigsten heimischen Schlüsselblumen sind die Hohe Schlüsselblume (Primula elatior) und die Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris).

Beide Arten besiedeln unterschiedliche Standorte. Aufgrund ihres etwas geringeren Lichtbedürfnisses findet man die Hohe Schlüsselblume eher in Wäldern als die Wiesen-Schlüsselblume, die vorrangig im Offenland auftritt. Da es bekanntlich auch lichte Wälder und Waldwiesen gibt, ist der Wuchsort allein für eine Artansprache jedoch nicht ausreichend.

Die Hohe Schlüsselblume unterscheidet sich von der Wiesen-Schlüsselblume vor allem durch ihre helleren Blüten, den enger anliegenden Blütenkelch und eine meist stärker ausgeprägte abstehende Behaarung des Stängels.

Zum Artporträt Hohe Schlüsselblume auf naturgucker.de ...

Zum Artporträt Wiesen-Schlüsselblume auf naturgucker.de ...


 

Leberblümchen (Hepatica nobilis)

Das Leberblümchen ist von allen im Rahmen des Monitorings ausgewählten Frühblühern die seltenste bei uns vorkommende Art. Eine gewisse Ähnlichkeit haben die bläulichen Blütenblätter mit den Busch-Windröschen. Wie bei diesen fehlen die Hüllblätter, weshalb man botanisch von Perigonblättern spricht.

Auffällig und unverwechselbar sind die im Umriss dreieckigen, dreiteilig eingeschnitten Laubblätter, die sogar überwintern.

Blühende Individuen des Leberblümchens können schon Ende Februar angetroffen werden. Bevorzugte Standorte sind kalkhaltige, nährstoff- und mullreiche Böden, die nicht zu trocken, aber auch nicht zu feucht sein sollten und sommerwarm sind. Gute Chancen auf Beobachtungen dieser Pflanzenart hat man in Buchen- und Eichenmischwäldern. Darüber hinaus kommt sie in manchen Nadel-Mischwäldern vor.

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Wald-Gelbstern (Gagea lutea)

Bei uns ist eine Reihe von Gelb- oder Goldstern-Arten heimisch, die auf den ersten Blick nicht immer einfach voneinander zu unterscheiden sind. Zwei Arten unterscheiden sich von den übrigen kahlen durch die Behaarung ihres Stängels und Blütenstiels, die häufigere davon ist der Acker-Gelbstern (Gagea arvensis).

Der Wald-Gelbstern, auf den Sie im Rahmen unseres Monitorings achten sollen, ist hingegen unbehaart. Kennzeichen sind ein Grundblatt und vor allem die kapuzenartige Spitze der Laubblätter, die ihn eindeutig vom Wiesen-Gelbstern (Gagea pratensis) unterscheidet. Die Blätter zwischen (4)-6-12 mm breit und gekielt sind

Aufgrund der schmal-lanzettlichen Blätter fallen die Gelbsterne nur im blühenden Zustand auf. Die Hauptblütezeit liegt im März und April.

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Huflattich (Tussilago farfara)

Ganz und gar kein Waldbewohner ist der Huflattich. Vielmehr findet man ihn meist in lückigen Pioniergesellschaften, wie sie zum Beispiel im Bereich von Kiesgruben und Schuttplätzen, aber auch von Äckern auftreten. Bei den Wuchsorten handelt es sich meist um humusarme und bindige Böden.

Zuerst erscheinen im zeitigen Frühjahr die einköpfigen Stängel mit ihren meist bräunlichen Blattschuppen sowie den gelben Korbblüten. Die grundständigen, herzförmigen, unterseits graufilzigen Blätter des Huflattichs zeigen sich erst nach der Blütezeit.

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Linktipp: Am 7. Februar 2022 hat der Radiosender Antenne Mainz uns zum Thema Frühe Blüher interviewt. Den Beitrag jetzt anhören!